Nach einem langen Tag klingelt das Telefon von Eric. Eine Verkäuferin eines Mobilfunkanbieters möchte ihm ein Handy-Abo verkaufen. Eric braucht eigentlich kein neues Abonnement, aber er ist müde und lässt sich von den Anpreisungen der Verkäuferin überzeugen. Also sagt er direkt am Telefon zu.
Doch kaum hat Eric aufgelegt, realisiert er, dass sein jetziges Handy-Abo doch besser für ihn ist. Das ist ärgerlich, denn der Vertrag ist gültig, auch wenn er noch nichts unterschrieben hat.
Aber er hat Glück, denn es handelt sich in diesem Fall um ein sogenanntes Haustürgeschäft. Das Schweizerische Obligationenrecht (OR Art. 40) räumt Konsumentinnen und Konsumenten für diese Art von Geschäften ein Widerrufsrecht ein. Das heisst, Eric kann innerhalb von 14 Tagen von dem Kauf zurücktreten. Allfällige Rechnungen muss er nicht bezahlen.
Grundsätzlich ist in der Schweiz keine Unterschrift notwendig, damit ein rechtlich bindender Vertrag zustande kommt. Das bedeutet: auch durch einen Handschlag oder eine mündliche Zustimmung kommt ein verbindlicher Vertrag zustande. In vielen Fällen werden Vereinbarungen dennoch schriftlich festgehalten, denn im Streitfall erschwert eine mündliche Einigung die Beweisführung.
Mündliche Verträge sind nicht bindend, wenn:
Es gibt einige wenige Ausnahmen von Verträgen, die von Gesetzes wegen nur schriftlich gültig sind. So schreibt beispielsweise das Konsumkreditgesetz KKG, Art. 9 vor, dass Konsumkreditverträge schriftlich abzuschliessen sind, um gültig zu sein. Ähnliches gilt bei Ehe- und bei Grundstückkaufverträgen.
Ein sogenanntes Haustürgeschäft bezeichnet ein Geschäft, das ausserhalb von festen Geschäftsräumen abgeschlossen wird. Typischerweise handelt es sich um Situationen, in denen die Verkäuferin respektive der Verkäufer oder dessen Vertreterschaft unaufgefordert potenzielle Kundinnen und Kunden kontaktiert.
Um Verbraucherinnen und Verbraucher in solchen Drucksituationen zu schützen, gilt das Widerrufsrecht: Dieses ermöglicht den Käufern, innerhalb einer Frist von meist 14 Tagen vom Vertrag zurückzutreten.
Anbieterinnen und Anbieter müssen schriftlich über das Widerrufsrecht informieren. Die 14-tägige Frist beginnt jedoch erst an dem Tag, an dem diese Information erfolgt.
Wer also am 02. Juni einen Vertrag abschliesst und die Unterlagen inklusive der schriftlichen Information über das Widerrufsrecht am 14. Juni zugestellt bekommt, kann von diesem bis am 28. Juni Gebrauch machen.
Unabhängig davon, ob ein Haustürgeschäft vorliegt oder nicht, sollten sich Eltern folgendem bewusst sein: In der Schweiz können Minderjährige Verträge laut Gesetz (ZGB Art. 19 Abs. 1) nur mit der Zustimmung ihrer gesetzlichen Vertretung eingehen. In der Praxis heisst das: Wenn die Eltern dem Vertrag nicht zustimmen, wird er als nicht zustande gekommen betrachtet. In diesem Fall können beide Parteien ihre Leistungen zurückverlangen.
Ausnahmen liegen bei unentgeltlichen Verträgen (ZGB Art. 19 Abs. 2) sowie beim eigenen Sackgeld oder dem selbst verdienten Lohn (ZGB Art. 323 Abs. 1) vor. Wenn der Käufer oder die Käuferin noch nicht volljährig ist und der Kaufbetrag über das hinausgeht, was üblicherweise mit dem regulären Sackgeld oder Jugendlohn bestritten werden kann, können die Eltern somit die Zustimmung zum Vertrag verweigern. Dann besteht keine Zahlungsverpflichtung.
Das Widerrufsrecht gibt den Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit, ihre Kaufentscheidung im Nachgang noch einmal zu überdenken und zu prüfen, ob das Produkt oder die Dienstleistung tatsächlich ihren Bedürfnissen entspricht. So können sie impulsive Entscheidungen vermeiden und haben die Gelegenheit, in Ruhe alle Aspekte des Kaufs abzuwägen, bevor sie sich endgültig binden.
Damit man sich auf das Widerrufsrecht nach Artikel 40 des Obligationenrechts beziehen kann, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:
Kein Widerrufsrecht haben Kundinnen und Kunden hingegen, wenn sie die Vertragsverhandlung ausdrücklich gewünscht haben oder aber den Kauf an einem Markt- oder Messestand getätigt haben.
Um von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, muss man den Verkäufer oder die Verkäuferin innerhalb einer 14-tägigen Frist über seinen Rücktritt informieren. Es ist ausreichend, wenn die Widerrufserklärung am letzten Tag der Frist mitgeteilt oder der Post übergeben wird.
Das Gesetz sieht keine zwingende Form für den Widerruf vor. Man kann die Erklärung also mündlich oder schriftlich einreichen. Es ist aber sinnvoll, sie mit einem eingeschriebenen Brief zu verschicken. Dieser ist zwar kein Muss, aber so hat man im Streitfall klare Beweise.
Hat man im Zeitraum zwischen dem Vertragsabschluss und dem Widerruf den Gegenstand bereits gebraucht, schuldet man dem Anbieter oder der Anbieterin einen angemessenen Mietzins. Darüber hinaus gehende Entschädigungen sind hingegen nicht zulässig.
Das Widerrufsrecht gilt auch bei Haustürgeschäften, die digital abgeschlossen werden können. Dazu zählen beispielsweise Verträge, die durch unaufgeforderte Telefonanrufe, E-Mail-Angebote oder Online-Chats mit Verkäuferinnen und Verkäufern zustande kommen.
Kein Haustürgeschäft ist es allerdings, wenn jemand beim Surfen im Internet auf ein Angebot stösst und einen Kauf tätigt.
Die Grenze zwischen Haustürgeschäft und «normalem» Kauf liegt also darin, ob die Käuferin oder der Käufer unaufgefordert kontaktiert wurde oder von sich aus auf ein Angebot stösst.
Auch beim Online-Shopping sieht der Gesetzgeber kein generelles Widerrufsrecht vor. Mit dem Klick auf den «Kaufen»-Button kommt ein gültiger Vertrag zustande – ausser, es handelt sich um eine betrügerische Webseite.
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